Dienstag, 1. Oktober 2013

Sucht - SehnSUCHT nach LebensFREUDE

Ich hatte wieder einmal das Vergnügen für jemanden eine Aufstellungsarbeit zu machen. Da ich die einzelnen Positionen in Einzelberatungen selbst einnehme, bin ich also immer ganz dicht dran am Geschehen und fühle jede Position "hautnah".

So war eine der Positionen der Sohn, der "Tütchen" raucht und immer gute Gründe findet, dies zu tun statt es zu lassen. Die kleinste Dissonanz genügt. Im Prinzip ging es nicht ursächlich um ihn, doch es war wichtig, ihn in das Aufstellungsgeschehen "einzubeziehen". Ich fühlte in seiner Position und vorher schon im Geschehen einen zähen Widerstand, der mir suggerierte, am besten jetzt gleich alles stehen und liegen zu lassen, da war "0-Bock", die Aufstellungsarbeit weiter zu machen und eine Lösung für das, was da gerade war, war nicht einmal denkbar, geschweige denn, dass da auch nur der Hauch eines Impulses sich irgendeiner Anstrengung zu unterziehen, gewesen wäre. An dieser Stelle musste ich erst einmal die Positionen verlassen und das aussprechen. 
Dann stand ich also in der Sohn-Position und fühlte eine Mischung aus tiefer Müdigkeit, Langeweile, Ungeduld mit den Anforderungen an mich. Alle Kraft wich aus meinem Leib und dem dringenden Bedürfnis, mich auf den Boden zu legen und zu schlafen, konnte ich nichts mehr entgegensetzen. Ich tat, wonach mich verlangte. Es tat sowas von saugut, da zu liegen und nichts mehr zu müssen. "Sterben ist eine echte Alternative.", war mein Satz dazu. Es war wie ein endliches Ausruhen können und dürfen, dass mir nichts im Leben hätte geben können. 
Ich, Susanne als Person und Aufstellerin, verstand in diesem Moment, wie stark und klar und alternativlos :-) es für einen Menschen sein kann, sich in den den Tod zu "flüchten" und ihn als einzige Möglichkeit zu sehen, die das Leben noch zu bieten hat. ... Natürlich suchte ich an dieser Stelle nach der Ursache, bzw. war sie schon benannt - der Tod der Urgroßmutter bei der Geburt des Vaters mütterlicherseits. Die Geburt des Großvaters hatte seine Mutter das Leben gekostet. Die Erfahrungen mit dem Thema im Aufstellungsgeschehen weisen immer auf das EINE, dass der Tod einer Mutter bei der Geburt dazu führt, dass sich Männer, die danach geboren werden, dies als "Mord" empfinden, der durch Männer an einer Frau begangen wurde. Entsprechend "sühnen" einer oder auch mehrere Männer im Familiensystem den empfundenen Mord, indem sie sich selbst bestrafen, kriminell werden, sich mit Drogen umbringen und anderes. Hier muss begriffen werden, dass hier Liebe am Wirken ist, die Frau das Risiko des Todes eingeht, wenn sie sich auf eine Schwangerschaft einlässt. In unserer heutigen Zeit ist der Tod weitestgehend aus dem Blickfeld im Zusammenhang mit einer Geburt verschwunden, was schön ist.
Mit wie viel Liebe die, bei der Geburt verstorbene Urgroßmutter, auf ihren Sohn schaute berührte mich sehr, auch, als sie zu ihm blickend sagte:" Wie gut, dass er überlebt hat. Es ist gut ausgegangen." - "Es ist gut ausgegangen" meint in der systemischen Arbeit immer, dass überlebt wurde und damit das Leben weiter gehen konnte. Mich berührt das jedes Mal, wie tief die Liebe unserer Seelen ist.
Als das gesagt, aufgezeigt und gelöst war, konnte der Sohn (Urenkel) wieder aufstehen - also ins Leben zurück gehen- die tiefe Müdigkeit und Schwere der Glieder, die ich empfand, ehe ich mich hinlegte, war nun schlagartig verschwunden. ... Die Lösung für das gesamte Thema des Aufstellenden ging nun in rasantem Tempo und in großer Einfachheit vonstatten. 
Am Ende war ich - wie immer - froh und erleichtert und voller Freude für den Klienten, eine Lösung "gefunden" zu haben. 
Es ist für mich doch immer erstaunlich wie sehr Ereignisse innerhalb der Familie uns der Lebenskräfte und Lebensfreude berauben können, uns ausbremsen und unbewusst einen destruktiven Weg einschlagen lassen und uns Erfolg, das Glück und die Freude meiden lassen wie der Teufel das Weihwasser. Dass Sucht eine Sehnsucht nach jemandem (meistens Vater oder Mutter) oder nach etwas (hier:Lebensfreude) ist, hatte sich wieder einmal gezeigt und bestätigt. Gleichzeitig ist es jedesmal schön für mich zu erleben, dass es AUS-WEGE aus jedem Dilemma gibt.
Als ich Mitte Zwanzig war, so resümierte ich heute morgen am Frühstückstisch mit meinem Mann, da starben enge Freunde in meinem Umkreis, noch keine 40 Jahre alt und es nahm mich jedesmal sehr mit und ich glaubte tief in mir, ich hätte es verhindern können durch diese oder jene Handlung. Man nennt das gern "Helfersyndrom". Wenn ich nun darauf schaue, wird mir klar, dass ETWAS in mir wusste, dass Wege anders verlaufen können, dass Schicksal veränderbar ist ... doch damals hatte ich keinen Zugang zu diesem Handwerkszeug und dieser "Rettergedanke" entsprang meinem tiefen Bedürfnis, Heil in die Welt und zu den Menschen zu bringen.
Welche Freude, dies heute in meinem bescheidenen Rahmen tun zu können und zu dürfen und dass Menschen mir das Vertrauen entgegen bringen, dies für sie zu tun. Welche Freude, in ihnen Erleichterung und Freude zu sehen, sich dem Neuen in ihrem Leben widmen zu können! mögen wir alle Freude in diese Welt und den Wesen in ihr tragen.